Lena Göbel

Lena Göbel

AONGHUS

Eröffnung: 10. März 2024, 14 – 17 Uhr

 

  English Version

Lena Göbel (geboren 1983 in Ried im Innkreis, Österreich) beschäftigt sich in ihrer Kunst mit der Gegenwart und der Vergangenheit in der Beziehung von Mensch und Tier und erschafft gedruckt und gemalte Bildwelten, die zum Nachdenken und Schmunzeln anregen. Als Grundlage ihrer Arbeit greift sie auf mythologische Bilder und Erzählungen zurück, aber auch auf aktuelle Beobachtungen des und eigene Erfahrungen im Zusammenleben von Mensch und Tier und bewußter und unbewußter Interpretationen dieser.

Ausgehend von den traditionellen Drucktechniken des Holzschnitt und der Kaltnadelradierung  hat Lena Göbel in Kombination mit Malerei eine unverkennbar authentische und zugleich zeitgenössisch-aktuelle Formensprache entwickelt.

Für den Holzschnitt fertigt sie großformatige Druckstöcke an, indem sie große Planken teils mit grober Maserung und Asteinschlüssen kräftig und entschieden mit Messern und Hohleisen bearbeitet. Die herausgearbeiteten erhabenen Stellen inklusive der verbliebenen natürlichen Furchen des Holzes werden im nächsten Schritt mit Druckerfarbe eingewalzt und spiegelverkehrt auf dem Blatt Papier sichtbar gemacht. Wie auch in der Beschneidung der Druckvorlage ist der Druckprozess ebenso körperlich bestimmt, da sie auf eine Druckerpresse verzichtet und per Hand das Blatt abreibt.

Die Kaltnadelradierungen hingegen zeichnen sich durch feine Linien und Schraffuren aus, die mit einer feinen Stahlnadel in Druckplatten aus Metall eingebracht werden.

Die beiden Drucktechniken – Holzschnitt und Radierung – versinnbildlichen zwei unterschiedliche Eigenschaften von expressionistisch, kraftvollem Ausdruck und filigraner, sanfter Feinheit.

Für ihre Ausstellung AONGHUS wird Lena Göbel nach Brandenburg reisen, um zwei Wochen auf dem Gut Kerkow zu wohnen und im ehemaligen Kornspeicher und heutigem Ausstellungsraum neue Werke zu realisieren. Die vor Ort gewonnenen Eindrücke des Zusammenlebens zwischen Mensch und Tier auf dem landwirtschaftlichen Betrieb werden direkt in die teils bunten, teils farblich reduzierten Welten voll Fantasie- und Fabelwesen eintauchen.

Wie der Titel der Ausstellung schon vermuten läßt, so steht das Angus Rind, das auf dem Gut Kerkow gezüchtet wird, im Fokus ihres Interesses. Aonghus ist der irische Name für das stolze Tier und leitet sich von dem urkeltischen Namen Óengus ab, der “wahre Kraft” bedeutet. In der keltischen Mythologie erzählte man unter diesem Inbegriff von verkörperter Kraft auch von einer menschlichen Sagenfigur mit Namen Aonghus, die einen starken Jüngling verkörpert.

In der Ausstellung AONGHUS wird die Verknüpfung zweier Welten durch die Darstellung verschiedenster Dualitäten sichtbar und fühlbar gemacht. Die beeindruckende Größe und das robuste und starke Äußere des Angus Rind täuscht über das sanfte Wesen des Fluchttiers hinweg und läßt dessen untergeordnete, ausgelieferte Position als Nutztier des Menschen fast vergessen. Der Jüngling Angus verkörperte eine Dualität als ein irischer Gott der jugendlichen, lichten Kraft und zugleich der Liebe und der poetischen Inspiration. Der grob gearbeitete Holzschnitt in bunten Farben steht den zarten Linien der Radierung gegenüber; oder aber die unterschiedlichen Techniken überlagern sich und lassen teils bunte, teils farblich reduzierte Welten voll Fantasie- und Fabelwesen entstehen.

Schon vor mehr als 45.000 Jahren erschaffen, zeigen paläolitische Höhlenzeichnungen in China erste Darstellungen von hybriden Mischwesen aus Mensch und Tier. Als Sehnsuchtsobjekt des Menschen verehren diese das Tier, schreiben ihm menschliche Züge und entsprechende Bedeutungen zu, bedingt auch auf der Tatsache, dass sie das Tier für ihre Zwecke nutzen: als Nahrungslieferant, unterstützende Kraft im Alltag, Testkörper oder Organspender in der Medizin oder einfach als treue Begleiter. Aus dieser engen Abhängigkeit des Menschen zum Tier war und ist das Erträumen hybrider Mischwesen nur die nötige Konsequenz und der Spiegel des Menschen für versteckte Hoffnungen, Ängste und Wünsche.