Fabian Knecht
Grundriss
8. August – 10. Oktober 2021
Eröffnung: Sonntag, 8. August, 14 – 17 Uhr
Mit der Ausstellung Grundriss von Fabian Knecht eröffnet Spaced Out am 8. August 2021 das Uckermark Festival 2021 UMWEGE.
Der Ausstellungstitel Grundriss beschreibt wörtlich, worauf sich die ausgestellten Arbeiten beziehen: auf Risse in Grund und Boden, die nicht von Architektenhand geplant und dennoch auf den Menschen zurückzuführen sind.
So haben sich in der Wüste Arizonas Kilometer lange und mehrere Meter tiefe Erdspalten als Folge extremer Trockenheit aufgetan. Zugunsten der Landwirtschaft wurde das Grundwasser derart stark verbraucht, dass sich nicht nur der Wasserspiegel, sondern – als unmittelbare Folge – auch das Niveau des Bodens abgesenkt hat. Die daraus resultierende, enorme Spannung der Erdoberfläche ließ sie schließlich aufreißen. 2019 zieht es Knecht in die Wüste, um eben dieses geologische Phänomen zu betrachten. Er beginnt den irreversiblen Folgen menschlichen Handelns entgegenzuwirken. In seiner Werkserie Grundriss (2019) überdeckt der Künstler Teile dieser kleinen Schluchten und ‚repariert‘ damit das zerklüftete Landschaftsbild. Die Bodenplatten versteckt er unter Erde und eben jenen leuchtend orangenen Wüstenmalven, die die Umgebung übersähen. Seine Fotoarbeiten, die nun auf Gut Kerkow zu sehen sind, bilden schließlich eine augenscheinlich unversehrte Natur ab. Knechts Aktion imitiert also eine vom Menschen unberührte, idealisierte Landschaft und reiht sich damit in die Tradition der Romantik. Die innige Beziehung von Mensch und Natur wird zudem durch den Akt der ‚Wundversorgung‘ aufgegriffen, denn versteht man die Risse im Boden als Verletzungen, die der Mensch diesem Planeten zufügt, so behandelt der Künstler die zerfurchte Erde zumindest oberflächlich und klebt ihr ein Pflaster auf.
Grundriss wäre jedoch keine Intervention Knechts, würde sie nicht auch Konfliktpotential bergen. Wie auf den Fotografien offenbart sich der künstlerische Eingriff auch in der Natur nur bei genauer Betrachtung und wird damit nicht nur zu einer Brücke, sondern auch zu einer Falle für Tier und Mensch.
Im hinteren Ausstellungsraum hat der Künstler nun den gegenteiligen Ansatz verfolgt: Kontinuitätsunterbrechung (2021) markiert eine Fehlstelle, einen Riss im Boden. Die bestehende Architektur wurde aufgebrochen und eine Diele im Zentrum des Raumes entfernt. Die Lücke wird hier im ursprünglichen Sinne des Wortes zu einem Grund-Riss, also einer Boden-Zeichnung, die das Raumvolumen definiert und in diesem Falle zweiteilt. Wie die Arbeit entstanden ist – ob die Diele im Ganzen entnommen und wieder eingesetzt werden kann, und ob dafür zunächst der halbe Boden entfernt werden musste – wird in diesem Falle jedoch nicht aufgelöst.
Die Ausstellung konzentriert sich auf das Motiv des Bruchs und zeigt dabei Ausschnitte aus dem Werkkonvolut des Künstlers, dessen Interventionen immer wieder die Grenzen zwischen Inszenierung und Wirklichkeit verwischen. Bruchstellen werden bei Knecht wiederholt zu Metaphern – zu Kratzern in der scheinenden Oberfläche der Dinge, die den Blick auf das freigeben, was sich dahinter verbirgt.
Text: Lydia Korndörfer
Fabian Knecht, 1980 in Magdeburg geboren, studierte an der Universität der Künste Berlin und am California Institute of the Arts. 2014 war er Meisterschüler von Olafur Eliasson, an dessen Institut für Raumexperimente er von 2009 bis 2014 studiert hat. Mit seinen Arbeiten, die oft unvermittelt im öffentlichen Raum erscheinen, bricht Knecht aus dem Ausstellungskontext aus und in das Alltagsleben ein. Er verändert Wahrnehmungs- und Handlungsmuster, verletzt Kunstbegriffe und Machtstrukturen und stellt soziale Verhältnisse und Normen durch Gegenbilder infrage.